Experten vom Streit über umweltschonende Anordnungen nicht überrascht
Die FDP zumindest ist sich da sicher. "Per Gesetz sollten Bürger dazu erzogen werden, vermeintlich ökologisch einwandfreie Produkte zu kaufen, obwohl die Vorschriften oft gar nicht dem Umweltschutz nutzen", sagt Holger Krahmer, FDP-Umweltpolitiker im Europäischen Parlament, im Handelsblatt. "Es ist kein Wunder, dass sich die Bürger wehren." Der Klimahype des Jahres 2007, als die Bundesregierung gleich Dutzende von Maßnahmen im Paket beschloss, sei vorbei, konstatiert die Wirtschaftszeitung.
Andere Experten äußern allerdings Zweifel an dieser pauschalen Einschätzung. "Ich glaube nicht, dass die Verbraucher den Klimaschutz generell infrage stellen", sagt zum Beispiel Holger Krawinkel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. "Aber sie haben ein sehr gutes Sensorium, was vernünftig ist und was weniger vernünftig ist."
Krawinkel sieht auch politisch falsche Entscheidungen. Gerade die stärkere Nutzung von Agrosprit und die Förderung von Solarstrom - die inzwischen Milliardenkosten für Stromkunden verursacht - seien besonders teure Klimaschutzmaßnahmen. Die Kosten zur Vermeidung einer Tonne Kohlendioxid lägen bei rund 100 Euro, in einigen Rechenmodellen sogar bei bis zu 500 Euro. "Wieso setzt eigentlich die Politik immer wieder auf die Maßnahmen, die besonders teuer sind?" fragt Krawinkel - und hat auch eine passende Antwort.
Kurz gefasst sieht er als politisches Motiv: Soll doch lieber der Verbraucher etwas mehr zahlen, als eine wichtige Industrielobby aufzustacheln. So erinnert der Verbraucherschützer daran, dass die erhöhte Quote von Agrosprit im Benzin eigentlich ein Zugeständnis an die Autoindustrie war, die im Streit über den Klimaschutz hohe Entwicklungskosten für sparsame Motoren strecken wollte. "Man ist vor einer Lobby zurückgewichen", sagt Krawinkel.
Preiswerte Möglichkeiten zum Klimaschutz wie zum Beispiel die Sanierung von alten Wohngebäuden würden dagegen vernachlässigt. So habe die schwarz-gelbe Koalition die Fördermaßnahmen dafür zuletzt zurückgefahren. "Dort, wo der Staat selbst handeln könnte, wird gekniffen", sagt der Verbraucherschützer.
Mit dieser, der Haushaltspolitik geschuldeten Linie sieht er die Politik jedoch auf dem Holzweg. "Wenn man den Bürger nicht mit einbezieht, dann verweigert er sich", sagt der Experte. Vieles sei zu kompliziert, zu undurchsichtig. Die Kosten würden nicht transparent gemacht. "Entweder es gelingt ein vernünftiger Dialog, oder wir werden unsere Klimaziele nicht umsetzen können", meint Krawinkel.
(Verena Schmitt-Roschmann / dapd)