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Am Wochenende: Atomkraftgegner wollen AKW Brokdorf blockieren

15.06.2011 von

AKW BrokdorfDie Atomkraftgegner hoffen für ihre geplante Blockade des Atomkraftwerks Brokdorf am Wochenende auf deutlich mehr als 400 Demonstranten. Eine Beteiligung dieser Größenordnung würde die Enttäuschung vom vergangenen Pfingstsonntag schmälern, denn mit gerade einmal 400 Gliedern war die Menschenkette nicht lang genug, um das Kraftwerk wie geplant zu umzingeln. So wenig Resonanz auf Demonstrationsaufrufe in Brokdorf gab es selten. Das war einmal ganz anders, wie sich der Aktivist Karsten Hinrichsen erinnert.

Früher protestierten Zehntausende gegen das AKW, immer wieder kam es dabei zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Brokdorf war in den 1970er und 80er Jahren das Symbol im Widerstand gegen Atomanlagen.

Der Bau der Meiler begann am 26. Oktober 1976. "In einer Nacht- und Nebelaktion", erinnert sich Protest-Veteran Hinrichsen aus Brokdorf, sei damals eine Festung mit Zäunen, Wassergraben und Hubschrauberlandeplatz "aus dem Boden gestampft" worden.

Rund 8.000 Menschen demonstrierten am darauf folgenden Wochenende gegen den Baubeginn. Ein Teil von ihnen überwand die Absperrungen und besetzte das Baugelände. Noch in der Nacht vertrieb ein starkes Polizeiaufgebot die Kernkraftgegner. Gegen das AKW und den Polizeieinsatz demonstrierten zwei Wochen später 40.000 Menschen. Polizisten und Demonstranten lieferten sich stundenlange Kämpfe. Dutzende Menschen wurden an diesem Tag verletzt.

Demo trotz Baustopp

Obwohl Gerichte in der Zwischenzeit einen Baustopp verhängt hatten, versammelten sich am 19. Februar 1977 erneut 50.000 Umweltschützer in der Wilster Marsch. Die Demonstration war eigentlich verboten worden. Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) appellierte im Fernsehen an die Atomkraftgegner, nicht nach Brokdorf zu fahren. Doch befürchtete Krawalle blieben aus.

Brokdorf blieb vor den Gerichten ein Streitfall. Als das Oberverwaltungsgericht Schleswig den Baustopp im Januar 1981 aufhob, riefen Bürgerinitiativen erneut zu einer Großkundgebung auf. Trotz des Verbots versammelten sich am 28. Februar mehr als 100.000 Menschen am Atomkraftwerk. Hinrichsen erzählt, damals seien Beamte des Bundesgrenzschutzes "aus Hubschraubern ausgespuckt" worden, "die uns dann über die Wiesen gejagt haben. Ich werde das nie vergessen." Auch die Polizei beklagte zahlreiche Verletzte.

Anti-Atomkraft-Bewegung heute bürgerlicher

Das Bundesverfassungsgericht erklärte in seinem "Brokdorf-Urteil" das Verbot der Demonstration für unrechtmäßig. Und das Magazin Stern veröffentlichte ein Foto, das zeigte, wie zwei Demonstranten mit Knüppeln und Spaten einen in den Graben gerutschten Polizisten verprügeln. Zwei Verdächtige wurden kurze Zeit später verhaftet und zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.

"Uns ging es vor 30 Jahren nicht nur um das Abschalten", sagt Hinrichsen. "Wir waren politischer. Es ging um Friedenspolitik und den Nord-Süd-Konflikt. Die Atomkraft war nur eines von vielen Themen". Heute sei die Bewegung bürgerlicher, aber "das soll keine Abwertung sein". Den jungen Leuten gehe es heute "wirklich nur um den Ausstieg."

Im Frühjahr 1981 wurde das AKW Brokdorf weitergebaut. Am 25. Mai trat Hamburgs Bürgermeister Hans-Ulrich Klose (SPD) von seinem Amt zurück - auch deshalb, weil er den von ihm gewünschten Ausstieg aus dem Kraftwerksprojekt Brokdorf nicht gegen Teile der Hamburger SPD-Führung durchsetzen konnte. Die später im Konzern Vattenfall aufgegangenen Hamburgischen Elektrizitäts-Werke (HEW) waren Mitbetreiber des AKW.

Im 7. Oktober 1986 ging Brokdorf als weltweit erstes AKW nach Tschernobyl ans Netz. Nach den Plänen der Bundesregierung liefert Brokdorf noch zehn Jahre Strom, als eines der letzten deutschen AKWs soll es 2011 vom Netz gehen. Viel zu spät, finden die Atomkraftgegner.

(Max Eckart / dapd)

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