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Die Linke: „Wir brauchen die Energiewende jetzt!“
Nachgefragt: Für unsere Übersicht der Energiepolitik aller Parteien zur Bundestagswahl fragten wir Hans-Kurt Hill nach den Fehlern in der bisherigen Politik sowie den Zielen, die sich „Die Linke“ gesetzt hat. Hill ist energiepolitischer Sprecher der Partei „Die Linke“ und Mitglied des Bundestages (MdB).
Stromtipp.de: Herr Hill, die Strompreise steigen, die Gewinne der Energiekonzerne auch. War die Privatisierung der Stadtwerke ein Fehler?Hill: Eindeutig ja. Die Privatisierungswelle der 90er-Jahre hat massiv zurückgeschlagen. Die Preise steigen, der Service nahm ab. Es hat sich ein Oligopol gebildet, das die Strompreise bestimmt.
Stromtipp.de: Was will „Die Linke“ dagegen tun, falls sie nach der Wahl in der Mit-Verantwortung steht?
Hill: Wir wollen dem Einhalt gebieten. Die „Rekommunalisierung“, also der Rückkauf von Stadtwerk-Anteilen durch die Kommunen, ist bereits im vollen Gang. Wir setzen uns ganz gezielt für Stadtwerke ein.
Stromtipp.de: Ihre Partei hat sich die höchsten Ziele gesetzt, Sie wollen die Stromproduktion bis 2020 zu 50% aus erneuerbaren Energien erreicht haben. Das wäre ein sehr kurzfristiger und massiver Umbau der Stromproduktion in Deutschland. Warum diese Eile?
Hill: Wir müssen die ursprünglichen Ziele der erneuerbaren Energien erhöhen: Es geht ums Klima, denn die Folgen der Erderwärmung zeigen sich drastischer als bisher angenommen, und um die Energie-Außenpolitik, wie beispielsweise im Krieg um die Ölfelder des Irak. Auch wenn die Bundeswehr dort nicht kämpft: Deutschland lässt sich zunehmend in Konflikte hineinziehen. Dort geht es immer öfter auch um die Sicherung der Lieferung fossiler Brennstoffe.
Stromtipp.de: Gibt es weitere Gründe für die sehr starke Förderung der erneuerbaren Energien?
Hill: Es geht auch darum, neue Beschäftigung zu schaffen. Die erneuerbaren Energien produzieren nicht nur Strom und Wärme, sondern auch 30.000 neue Jobs jährlich. Dagegen bauen die klassischen Kraftwerke im Verhältnis 1 zu 6 die Stellen ab: Ein neues Kohlekraftwerk kann mit nur noch einem Sechstel der Mannschaft betrieben werden. Wir brauchen die Erneuerbaren auch für unsere Jobs.
Stromtipp.de: Einen derart massiven Umbau der Energieversorgung hat es noch nie gegeben. Überfordern Sie die Bürger nicht?
Hill: Die Bürger sind nach unserer Erfahrung nicht das Problem. Es ist schnell zu vermitteln, dass beim Ausbau erneuerbarer Energien die „Kurfürstentümer“ der Bauämter abgeschafft werden müssen. Jeder soll das Recht haben, die Planungen zu überprüfen. Wir treten dafür ein, 2% der Bundesrepublik als Eignungsfläche beispielsweise für Windparks auszuweisen.
Stromtipp.de: Das wäre eine Verdoppelung zum heutigen Stand. Schon jetzt aber engagieren sich Bürger in Initiativen gegen Windparks. Ist es nicht doch so, dass Sie den Bürger abhängen?
Hill: Nein, wir brauchen eine Versachlichung der Diskussion sowie die Energiewende jetzt. Diese Wende birgt mehr Chancen als eine Einschränkung für die Bürger. Machen wir es nicht, wird das noch teurer als der Energiewandel hin zu den Erneuerbaren. Hier kann man nicht nur Zuschauer sein, und das verstehen die Leute auch.
Stromtipp.de: Und falls der Energiewandel nicht kommt?
Hill: Wir stehen jetzt vor einer Systementscheidung. Jedes Kraftwerk, das heute noch gebaut wird, läuft mehrere Jahrzehnte. Für das Klima, aber auch für die Kosten, muss die Wende jetzt kommen.
Stromtipp.de: Stichwort Kosten: Was möchten Sie weiter tun, um den Bürger von steigenden Energiepreisen zu entlasten?
Hill: Die normale Teuerung bei Strom und Heizwärme bis 2020 wird schon wesentlich höher liegen als die Förderung der erneuerbaren Energien. Dazu kommt die natürliche Knappheit von fossilen Energieträgern wie Öl und Gas. Wir brauchen daher eine staatliche Strompreisaufsicht wie die „Watch Dogs“ in Großbritannien. Seit es in Deutschland keine Aufsicht mehr gibt, also seit dem 30. Juni 2007, sind die Preise nachweisbar explodiert. Auch treten wir für eine Übernahme der Gas- und Stromnetze in die öffentliche Hand ein. Das alles zusammen wird eine Preissenkung für den Endkunden ergeben.
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