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Klaus Töpfer: "Moderate AKW-Laufzeitverlängerung ist richtig"
Das rheinland-pfälzische Umweltministerium feiert in dieser Woche sein 25-jähriges Bestehen. Erster Minister in dem im Mai 1985 als Ministerium für Umwelt und Gesundheit gegründeten Ressort war der CDU-Politiker Klaus Töpfer. Nur zwei Jahre später wurde Töpfer Bundesumweltminister unter Helmut Kohl (CDU), von 1998 bis 2006 leitete er als Direktor das Umweltprogramm der Vereinten Nationen. 2009 gründete der heute 71-Jährige das Institut für Klimawandel, Erdsystem und Nachhaltigkeit in Potsdam. Über 25 Jahre Umweltpolitik, längere Laufzeiten für Atomkraftwerke und ein legendäres Bad im Rhein sprach ddp-Korrespondentin Gisela Kirschstein mit Töpfer.ddp: Waren Sie im Jahr 1985 als Landesminister für Umwelt und Gesundheit ein Umweltpionier in Deutschland?
Töpfer: Es war damals spürbar, dass sich bei immer mehr Menschen ein neues Bewusstsein für Umwelt und Natur entwickelt. Das war sicherlich ein Stück weit Pionierarbeit. Wir ahnten, dass ein neues Politikfeld aufgebaut werden kann, das noch von den allermeisten - auch in meiner Partei, der CDU - belächelt wurde. Wirklich gestandene Politiker ließen sich auf so etwas noch nicht ein. Wir waren diejenigen, die das Feld überhaupt erst einmal abzustecken hatten. Vieles lief damals noch unter ganz anderen Begriffen, da standen eher Alltagsfragen wie etwa der Gewässerschutz oder die Abfallbeseitigung im Vordergrund. Bei der Gründung eines eigenständigen Umweltministeriums waren in Deutschland die Bayern Vorreiter. Dort gab es bereits in den 70er Jahren einen Umweltminister.
ddp: Legendär ist Ihr 1988 genommenes Bad im damals noch als verschmutzt geltenden Rhein.
Töpfer: Ich habe damals eine Wette verloren. Im damaligen Landtagswahlkampf hatte man mir eine Wette angeboten, mit der Aussage, ich würde in Kürze Bundesumweltminister werden. Ich habe dann zwar tatsächlich den Sitz im Mainzer Landtag gewonnen, aber noch bevor dieser sich konstituierte, wurde ich schon Bundesminister in Bonn. Nach meiner Erinnerung war mein Wettpartner übrigens der damalige SPD-Landtagskandidat im Wahlkreis Rhein-Hunsrück - der heutige Landtagspräsident Joachim Mertes. Hätte er verloren, hätte er ein Fuder Wein bezahlen müssen. Entgegen einer weit verbreiteten Überzeugung war ich übrigens nicht der erste Bundesumweltminister - das war Walter Wallmann (CDU), der dann nach nur wenigen Monaten überraschend Ministerpräsident in Hessen wurde.
ddp: Welche Themen beherrschten damals das Umweltressort?
Töpfer: Umweltpolitik ist ja in hohem Maße als Antwort auf Sorgen von Bürgern entstanden. Da ging es um ganz konkrete Gefahren, etwa die Gesundheitsgefährdung durch Luftverschmutzung, um den Gewässerschutz, die Flurbereinigung oder den Kampf gegen das Waldsterben mit der Einführung des Katalysators als Gegenmaßnahme. Man musste sich immer einer sehr kritischen Öffentlichkeit stellen, engagierte Bürger trieben die Politiker voran. Im Nachhinein sage ich, das war ein hervorragender Anschub für die Entwicklung eines Verantwortungsbewusstseins für Umwelt und Naturschutz. Wir haben damals Dinge wie die Kreislaufwirtschaft in Gang gesetzt, die heute weltweit übernommen werden, und es gab schon die ersten Überlegungen für die Einspeisevergütung für Erneuerbare Energien. Es war eine sehr produktive und konstruktive Zeit. Als ich dann Bundesumweltminister wurde, war das Thema Tschernobyl ganz vorne auf der Tagesordnung. Ich war damals für die Sicherheit der über zwanzig Kernkraftwerke in Deutschland verantwortlich, der Grüne Joschka Fischer war Umweltminister in Hessen - die damaligen Diskussionen und Auseinandersetzungen sind sicher legendär.
ddp: Wie hat das Erlebnis mit Tschernobyl Ihre Einstellung zur Kernenergie geprägt?
Töpfer: Wir müssen alles tun, um eine Zukunft ohne Kernenergie zu erfinden - das habe ich damals gesagt, daran halte ich fest. Man muss sich fragen, ob zwischendurch nicht Zeit verloren gegangen ist, in der die Nutzung der Kernenergie hätte verkürzt werden können. Wer Brückentechnologie sagt, muss alles daran setzen, um möglichst schnell den Pfeiler auf der anderen Seite zu bauen, auf dem die Brücke aufsetzt. Jeder, der sich mit Brücken auskennt weiß, eine Brücke wird umso sicherer, je kürzer sie ist - und nebenbei wird sie auch umso billiger. Deshalb glaube ich auch, dass Positionen, wie die, die von meinem Urenkel im Umweltministeramt, Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) vertreten werden, richtig sind: eine moderate Verlängerung der AKW-Laufzeiten - und die damit verbundenen zusätzlichen Einkommen und Gewinne der Betreiber dann zu einem guten Teil dafür verwenden, den Erneuerbaren Energien zusätzlich einen massiven Schub zu geben.
ddp: Tut Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) genug zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes ?
Töpfer: Niemand kann von sich behaupten, dass er genug tut gegen die Gefahren des Klimawandels. Schnelles und gezieltes Handeln ist zwingend erforderlich. Leider treten in Zeiten von dramatischen Gefährdungen für die Stabilität der Währung und der Wirtschaft die Gefahren des Klimawandels aus dem Blickfeld von Politik und Öffentlichkeit. Ich bin überzeugt, das ist ebenso falsch, wie gefährlich. Die Finanzkrise und die Umweltkrise sind beides Offenbarungseide der Kurzfristigkeit. Wir müssen dieses Kurzfristdenken, dieses Denken in Quartalsergebnissen, genauso überwinden wie das Abwälzen der Kosten unseres Wohlstands auf Natur und Zukunft. Umweltkrise wie auch die Wirtschafts- und Finanzkrise können und müssen mit den gleichen Mitteln bekämpft werden - also zwei Krisen mit einer Klappe schlagen. Arbeitsplätze in Zukunftsfeldern wie den Erneuerbaren Energien, bei der Energiesanierung von Gebäuden und bei der Weiterentwicklung von Nahverkehrssystemen sind Beispiele für solche "Zwei Fliegen mit einer Klappe"-Maßnahmen, die gleichzeitig Investitionen in die Wirtschaft lenken, Arbeitsplätze schaffen und einen Beitrag zur Verminderung der Gefahren für das Klima leisten. Wir müssen parteiübergreifend zu der Verpflichtung kommen, dass wir mit dem gleichen Programm wirtschaftliche und ökologische Stabilität verwirklichen.













